Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause – JVA

Bei der Hamburger Steuerfahndung soll es vor 10 Jahren einen Mitarbeiter gegeben haben, der auf eigene Kosten Merchandising – Artikel für besonders gute „Kunden“ herstellte. So wurde dann auch mal nach erfolgreicher Fahndung der eine oder andere Steuersünder mit einem Kugelschreiber oder einer Tasse beschenkt, auf dem oder der zu lesen stand: Hamburger Steuerfahndung. Wir machen auch Hausbesuche!

Das nennt man einen engagierten und humorvollen Beamten, auch wenn die Empfänger derartiger Geschenke eine andere Meinung dazu gehabt haben dürften. Diese Art von Humor wurde jüngst durch eine BGH-Entscheidung publik. Der Vorsitzende Richter der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Rostock hatte ein Foto von sich selbst auf seiner öffentlich zugänglichen Facebook – Seite eingestellt, auf dem er mit einem Bierglas in der Hand auf einer Terrasse sitzt.
Ein biertrinkender Richter ist an sich nichts Ungewöhnliches. Allerdings trug der Herr Vorsitzende auf diesem Foto ein T-Shirt mit dem Aufdruck: Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause – JVA! Das Foto hatte er mit den Worten kommentiert: „Das ist mein ‚Wenn du raus kommst, bin ich in Rente-Blick“.

In meinen Studienjahren habe ich durchaus Richter kennengelernt, die an den jeweiligen Gerichten, an denen sie tätig waren, als „Abstrafer“ bekannt waren. Sprüche wie z.B.: „Wenn wir merken, dass sie uns nicht lieben, hauen wir Ihnen eine rein!“ haben bei Zuschauern im Gerichtssaal durchaus zu Gelächter geführt, aber ganz anders bei denen gewirkt, die auf der Anklagebank saßen.

Aber all diese „Nettigkeiten“, von Beamten sind außerhalb der Instanzen nicht öffentlich. Und nun stellt sich ein Richter in den sozialen Medien öffentlich als Abstrafer dar. Der BGH hat den Vorwurf, dieser Richter sei befangen und deshalb abzulehnen, u.a. damit bestätigt, dass der Inhalt der öffentlich und somit auch für jeden Verfahrensbeteiligten zugänglichen Facebook-Seite eindeutig eine innere Haltung des Vorsitzenden dokumentiere, nach der er die von ihm zu bearbeitenden Strafverfahren nicht objektiv beurteile, sondern Spaß habe an der Verhängung hoher Strafen und sich über die Angeklagten lustig zu machen.

Von Leuten, die sich nicht auf Facebook präsentieren, bekomme ich als Grund dafür des Öfteren zu hören, sie gäben vor, intelligent zu sein, wobei ich eher davon ausgehe, dass diese Leute sich Gedanken gemacht haben über die Technik und die Reichweite sozialer Medien. Das kann sicherlich als intelligent betrachtet werden. Sind deshalb alle anderen nicht intelligent?

Einem Richter würde ich das nicht unterstellen, aber eines sollte dem Herrn Vorsitzenden nach der Entscheidung des BGH deutlich geworden sein. Es ist nicht sonderlich clever seine innere Einstellung dergestalt öffentlich zu machen. Und hätte der Herr Vorsitzende einmal darüber nachgedacht, ob er sich mit diesem T-Shirt auch auf die Richterbank setzen würde, oder ob er ein Poster mit seinem „Das ist mein ‚Wenn du raus kommst, bin ich in Rente-Blick“ auf die Tür zum Gerichtssaal kleben würde, hätte er sicherlich sein Facebookprofil anders gestaltet, wenn er denn überhaupt eines erstellt hätte.

Und das ist das Problem. Viele Nutzer von Facebook haben immer noch nicht begriffen, dass die virtuelle Welt nicht anders ist, als die reale. Sie hat aber eine vielfach höhere Reichweite und birgt erheblich mehr Gefahren, weil die eigenen Sinne eingeschränkt sind. Man weiß nicht, wer alles die Dinge zur Kenntnis nimmt,  die man postet, man sieht die virtuelle Welt nur zweidimensional, man kann keine Körpersprache lesen, sich nicht auf seinen Geruchssinn verlassen und man hört keine Intentionen in der Stimmlage derer, mit denen man zu tun hat. Und das können Millionen sein…

Aber die Sache hat ja auch ihr Gutes. „Abstrafer“ werden nun als befangen erklärt. Zumindest diejenigen, die aus dieser Geschichte nichts gelernt haben….