Mit dem DB Navigator zur Straftat

Als Bahnfahrer nutze ich den DB Navigator, die App der Deutschen Bahn. Man sucht eine Zugverbindung und bucht im nächsten Schritt die Fahrt. Im DB Navigator erscheint sogleich online das Ticket. Das Ticket besteht aus den Reisedaten (eher klein) und einem großen Barcode. Den zeigt man dann bei der Fahrscheinkontrolle vor, wo ihn der Schaffner einscannt. Für jede Fahrt gibt es nur einen Barcode, auch wenn es eine Hin- und Rückfahrt ist. Digital ist ja alles viel einfacher, vorausgesetzt, dass im Buchungs- und Prüfprozess der App alles ausgereift ist. Beim DB Navigator ist das offenbar nicht der Fall.

Vor einiger Zeit hatte ich bei einer Buchung vergessen, auch die Rückfahrt hinzuzufügen. Da ich den üblichen Barcode für die Hinfahrt erhielt, bemerkte ich das Versehen erst, als der Schaffner mich auf der Rückfahrt nach dem Scannen des Barcodes darauf hinwies, dass das Ticket nur für die Hinfahrt gültig sei. Kein Problem, das Ticket für die Rückfahrt bezahlte ich dann im Zug mit der Bahncard-Kreditkarte.

Wochen später teilte mir der „Kundenservice“ der Deutschen Bahn mit, ich sei mit dem Hinfahrt-Ticket ein zweites Mal gefahren, bezeichnete mich als „Straftäter“ und buchte mir „gemäß Beförderungsbedingungen“ zur Strafe 200 EUR von meinem Konto ab.
Die Bahn musste nun wohl den missglückten Barcode-Scan auf der Rückfahrt für eine zweite Hinfahrt gehalten haben. Dergleichen sollte technisch eigentlich gar nicht möglich sein, aber offenbar ist der Buchungs- und Prüfprozess mittels DB Navigator und Scanner noch nicht so ganz ausgereift. Dafür hätte ich noch Verständnis gehabt. Aber dass ein fehlinterpretierter Datenscan von der Bahn ohne jede Rücksprache mit dem Kunden genutzt wurde, um eine „Straftat“ festzustellen und sogleich das dafür vorgesehene Strafgeld zu kassieren, ist schon bedenklich.

Der „Kundenservice“ verweigerte sich jeder Erläuterung. Man berief sich auf einen Scan und bestand darauf, dass der versehentlich auf der Rückfahrt vorgelegte Barcode eine doppelte Hinfahrt darstelle und somit eine Straftat sei und ich zu bezahlen hätte. Dass ich nachweislich auf der Rückfahrt war, dass ich mit der Bahncard im Zug ein Ticket dafür erworben habe, dass dieses Ticket mit der Bahncard-Kreditkarte nachweislich bezahlt wurde, dass die Bahn mir dafür sogar Bonus-Punkte gutgeschrieben hatte, könne man nicht prüfen.

Es ist zu vermuten, dass Physik und Kenntnisse der bahneigenen Buchungssysteme und Fahrpläne nicht zu den Kernkompetenzen beim „Kundenservice“ zählen. Letztlich wurde mir dann doch nach Vorlage des Rückfahrt-Buchungsbelegs die Strafe „aus Kulanz erstattet“.

Das ist die neue digitale Welt: Immer mehr Apps erleichtern uns den Alltag, ob bei der Arbeit oder in der Freizeit. Offensichtlich sind aber selbst Apps (und die dahinter stehenden Abläufe) von so großen Anbietern wie der Deutschen Bahn noch längst nicht ausgereift. Und geht einmal etwas schief, beruft man sich einfach auf die Relevanz der erhobenen Daten und der eigenen Rückschlüsse daraus. Wer dann vom Bahn-Computer automatisch als Straftäter eingestuft wird, tut gut daran, seine Unschuld beweisen zu können. Das war mal anders gedacht.