Der Alltag eines Datenschützers beinhaltet zunehmend Bewertungen von Personalentwicklungsmodellen, bei denen Unternehmen technische Möglichkeiten zur Potentialanalyse von Mitarbeitern nutzen. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist dagegen solange nichts einzuwenden, als dass ein betroffener Mitarbeiter um die Rahmenbedingungen eines solchen Programms weiß, darin eingewilligt hat und vor allem, dass die Anbieter solcher Programme wissen, was sie tun. Kürzlich erreichte mich die Antwort einer Personalberatung auf die Frage, wie es datenschutzrechtlich um ein Programm bestellt ist, das eine Persönlichkeitsbewertung auf einem Server in den USA vornimmt.
Der befragte Mitarbeiter hat für diese Bewertung nur einen Fragebogen auszufüllen und muss, um den Fragebogen zu bearbeiten, sein Einverständnis zu folgender Erklärung abgeben: „Ich versichere hiermit ausdrücklich unter Bezugnahme auf die einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen (Bundesdatenschutzgesetz), dass die in den Fragebogen eingegebenen Daten ausschließlich mich persönlich betreffen und es sich nicht um Daten Dritter handelt. Ich bin ebenso ausdrücklich damit einverstanden, dass sowohl die personenbezogenen Daten als auch die im Fragebogen erteilten Antworten bei dem Lizenzgeber des Produktes [Produktname] namentlich: [Name der Fa., Adresse] USA, zentral gespeichert werden. Ihre Daten werden vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben.“
Die oben erwähnte Antwort der Personalberatung auf die Frage, wie die Daten der betroffenen Mitarbeiter in den USA verarbeitet werden, verweist auf die Erklärungen des deutschen Lizenznehmers und lautet wie folgt: „Die folgende Information zum Datenschutz bei [Anbieter] haben wir von [Name des Lizenznehmers in Deutschland] die Datenschutzbestimmungen von Safe Harbor, der Firma, die die Sicherheit der Daten gewährleistet, sende ich Ihnen im Anhang. In Amerika sind die Datenschutzbestimmungen viel strenger als in Deutschland. Deshalb können Sie Ihren Probanden versichern, dass keine drei Personen Einblick in die Analysen haben oder die Daten für andere Fälle genutzt werden, als für die Auswertung der Analysen. Die Geschlechterangabe dient rein zur Anrede und die Emailadresse wird nur als Sicherheit abgefragt, falls jemand die Analysen zwischendurch unterbricht. […] Der Datenserver selbst befindet sich in [..], Amerika. Zugriff auf die Daten haben nur [Name des deutschen Lizenzträgers] und [Name des lizenzgebenden US-Unternehmens]. Die Speicherdauer kann ich Ihnen leider nicht genau sagen, aber benachrichtigt wird niemand, wenn die Daten gelöscht werden.
Aha. Die USA sind also aus der Sichtweise einer Personalberatung ein Standort, der datenschutzrechtlich sicherer ist als die BRD, Safe Harbor ist eine Firma, das amerikanische Unternehmen, als Lizenzgeber und speichernde Stelle der Daten, sowie das deutsche Lizenzträgerunternehmen sind nicht mehr als drei Personen, und Speicherfristen sind offensichtlich nicht am Interesse des betroffenen Mitarbeiters orientiert, sondern daran, dass die „Probanden“ jederzeit wieder erkennbar sind, egal für welches Unternehmen sie gerade arbeiten. Sinnigerweise findet sich auf der Webseite des deutschen Lizenznehmers unter dem Titel „Vertrauensvolle Zusammenarbeit“ eine Referenzliste, die eine Vielzahl von Unternehmen ausweist. Hat sicherlich den Vorteil, dass man sich im Rahmen einer Bewerbung nähere Angaben zur eigenen Person sparen kann, weil es ja die „Firma Safe Harbor“ und den amerikanischen Lizenzgeber gibt, die keine Speicherfristen haben.
Ach ja, ich sollte nicht vergessen zu erwähnen, dass der deutsche Lizenznehmer den Fragebogen und die Einverständniserklärung über ein Webtool betreibt, bei dem im Hintergrund Google Analytics installiert ist. Der Lizenznehmer hat keine Datenschutzerklärung auf seiner Webseite, in der auf Google Analytics verwiesen wird und ohne Google Analytics kann man der Einverständniserklärung nicht zustimmen. Wie war das mit den drei Personen?
1 Gedanke zu „Eine Firma namens Safe Harbor“
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