Muttis Geheimnisse

Am 22. September 2013 fand die letzte Bundestagswahl statt. Während die Unionsparteien das beste Zweitstimmenergebnis seit 1990 erhielten, schaffte der bisherige Koalitionspartner FDP den Wiedereinzug in den Bundestag nicht. Und so verschwand mit Sabine Leutheuser-Schnarrenberger die Einzige von der politischen Bühne, die Rückgrat in Sachen Bürgerrechte hatte. Muttis Gegnerin. Von da ab hieß es freie Bahn mit Marzipan für Merkel.

Der Wähler hat’s gewollt und ich hab geschmollt. Offensichtlich muss ich an der Reichweite dieses Blogs arbeiten. Oder einsehen, dass die Mehrheit der bundesdeutschen Wähler resigniert hat. Resigniert, dass das Bundeskanzleramt, so wie es sich schon vor der Wahl und insbesondere gegenwärtig darstellt, machtlos bei der Aufklärung der globalen Überwachung durch die NSA ist. Oder ist es eher Machtlosigkeit der Wähler, dass Merkel bei diesen Dingen mutmaßlich fleißig mitmischt?

Alles, was man gegen das Tun und Lassen der politisch Verantwortlichen einwendet, wird ignoriert. Regierende unterwerfen sich Banken und gegen das Treiben der Schlapphüte vorzugehen, wagen sie nicht. Der NSA-Ausschuss bekommt überwiegend geschwärzte Dokumente zur Bewertung der Überwachungsaffäre, Parlamentarier, die Aufklärungsarbeit leisten wollen, werden unter Druck gesetzt, und das, was öffentlich hinterfragt wird, wird als nicht existent betrachtet, weil es von Innenminister de Maziere vor laufender Kamera als geheim und streng geheim eingestuft wird. Das sollte doch Erklärung genug sein, dass eine Bundeskanzlerin zu den Fragen keine hinreichenden Antworten gibt.

Tja, liebe Kinder, so läuft das heutzutage. Wenn die Bundesregierung etwas geheim halten will, wird es als geheim klassifiziert. Und damit ist jede weitere Frage dazu überflüssig, weil geheim eben geheim ist. Und was geheim ist, bedarf es auch keiner Konsequenzen. Im Ergebnis ist das Bundeskanzleramt ein Hort der Guten (weil das Gegenteil geheim ist?), die NSA und alle anderen Verbündeten sind Freunde und die Bösen ganz woanders. Fragt sich nur, wer die Feinde sind, wenn man solche Freunde hat.

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Interessiert sind die Regierenden daran, wiedergewählt zu werden. Solange das Wahlrecht noch existiert, sollte man ihnen die Stimme verweigern, wenn sie die digitale Enteignung dulden, statt gegen sie vorzugehen. Vielleicht findet sich ja doch noch der eine oder andere, der nicht resigniert, dass die Kontrollfunktionen des Parlamentes gegenüber der Regierung dermaßen ausgehebelt werden.

2 Gedanken zu „Muttis Geheimnisse“

  1. Hallo Herr Erner,

    Sie haben leider mehr recht als uns allen lieb sein dürfte. Das Wahl-Individuum fühlt sich machtlos und versteckt sich in der Masse, die sich nicht traut abzuwählen wer oder was ihr nicht gefällt. Dabei ist das Recht abzuwählen der eigentliche Vorteil einer Demokratie – wie ich finde. Um das deutlich zu machen wäre es sicher ein signifikanter Vorteil das alle 4 Jahre wiederkehrende Ereignis ‚Abwahl‘ zu nennen statt ‚Wahl‘. Es könnte helfen!

    Um echter Demokratie mehr Raum zu verschaffen wäre es aber sicher nötig, die Listenplätze bei Wahlen drastisch zu reduzieren oder eine Regel zu haben, dass jeder Politiker nur einmal in den Genuss eines Listenplatzes kommen darf. Denn Listenplätze sind ein großes Übel. Sie sind die interne Währung einer Partei (-vorsitzenden), um Gefälligkeiten zu bezahlen. Für einen Listenplatz stimmen Parlamentarier gern so, wie die Parteiführung es wünscht. Da wird – wie menschlich – das eigene Gewissen und das Wahlvolk eben hinten an gestellt. Die Wiederwahl kommt ja über den Listenplatz für ein paar neue Gefälligkeiten.

    Mit etwas Abstand betrachtet könnte unser heutiges Wahlgesetze auch aus dem Städtchen Schilda stammen, von Naivlingen geschrieben worden sein oder eben aus der Feder eiskalter Machtpolitiker.

  2. Habe, um an der Reichweite des Blogs zu arbeiten, diesen Post auf den Facebookseiten der Bundesregierung zur Rede der Bundeskanzlerin am 04.05.2015 gepostet. Konnte nicht anders. Sie lügt beim Lügen!

    Martin Kelting

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