Tilmans MacBook Pro

Ich verstehe kein Italienisch. Von Vorteil für den Herrn, der letzte Nacht im 380er der Lufthansa den Gang in der Businessclass laut telefonierend auf und ab ging. Bevor die Ansage gemacht wurde, die Telefone jetzt bitte auszuschalten. Er hatte Stöpsel im Ohr und trug sein Smartphone in einer Hand wie ein Tablett vor sich her, weil seine Verdrahtung kein Mikrofon hat, in der anderen Hand das Sektglas, welches er sich selbst bei den Flugbegleitern abgeholt hat. Gerade eben musste ich wieder daran denken. In der Lounge, wartend auf den Weiterflug. Hinter mir sitzt ein Inder, der nach Hause telefoniert. Seine Lautstärke, die über dem des Italieners liegt, wird nur noch von dem Russen übertroffen, bei dessen Telefonat vor einer halbe Stunde sogar der Gesprächspartner am anderen Ende zu hören war. Leider spreche ich auch kein russisch.

Vielleicht hat Schäuble ja doch recht, wenn er sagt, dass sich außerhalb Deutschlands seinem Verständnis nach kaum jemand über Überwachung aufregt. Ich rege mich auch nicht auf, über Leute, die offensichtlich überhaupt keine Hemmungen haben, über was auch immer in einer Lautstärke zu telefonieren, dass jeder in der näheren Umgebung mithören kann und muss. Nein, ich rege mich nicht auf, ich finde solche Leute einfach nur unerträglich.

Auch die weitere Betrachtung meiner gegenwärtigen näheren Umgebung wirft Fragen auf. Dutzende von Leuten sitzen an Laptops, Ipads oder anderen Geräten, tippend oder lesend. Und keiner schaut hinter sich. Mir hat einmal ein Geschäftsführer erzählt, dass er auf einem Flug eine Bewerbung gelesen hat. Auf diese Bewerbung ist er 3 Tage später von jemandem angesprochen worden. Seine Rückfrage, woher der Frager das wüsste machte jener dann deutlich, dass er auf dem Flug neulich 2 Reihen weiter hinten gesessen hätte. Seitdem liest der Geschäftsführer unterwegs nur noch Zeitung.

Vielleicht war der Russe vorhin ja schwerhörig. Und der Geschäftsführer braucht eine Lesebrille oder stellt die Zeichengröße auf seinem Laptop auf 18 Pixel. Wer weiß das schon. Ich weiß, dass, wenn ich ein Endgerät in der Öffentlichkeit benutze, immer mit dem Rücken zur Wand sitze.
Und wenn ich wissen will, wie der Russse, der Inder oder der Italiener heißt, bekomme ich das manchmal auch über Bluetooth mit. Weil die Leute so clever sind, ihren Geräten auch einen Namen zu geben, der zuordbar ist. Gerade jetzt sitzt Tilman 2 Plätze neben mir. Ich kenne Tilman nicht, aber ich sehe einen Apple, und Tilmans MacbookPro ist über Bluetooth sichtbar…

Anbei, glauben Sie, dass Flugbegleiterinnen ein spezielles Gerät haben, mit dem sie feststellen können, ob jemand vergessen hat, ein Telefon auszuschalten? Lassen Sie sich nicht beeindrucken. Die Sitzplatznummer, der Passagiername und ein dazu passender  Telefonname ist keine Zauberei, wenn man Bluetooth permanent aktiviert hat.